EKKEHARD GNADLER PHOTOGRAPHIEN

EKKEHARD GNADLER

PHOTOGRAPHIEN

 

Vulkane & Sterne

Im Mai 2022 besuchten wir die Insel la Palma, nicht nur zur Beobachtung der Mondfinsternis, sondern auch dem Erleben und Gewahrwerden der Vulkanlandschaften vom Roque de los Muchachos im Norden bis hinunter zu den Bergen der Cumbre Veija Region im Süden der Insel. Lesen Sie hier einige ausführlichere Worte zu einer äußerst intensiven Erdenlandschaft:


Teneguía, 1971

Siebenmal schickten die Feuerspucker der Cumbre-Vieja Region auf der kanarischen Insel La Palma in den vergangenen 500 Jahren Magma ans Licht der Welt – der Teneguía im Süden der Insel (siehe letztes Bild Nr. 37) war das vorerst vorletzte Kind dieser irdischen Geburtenserie.
Geologisch gesehen ist die Cumbre Vieja - der Richtung Süden gelegene Vulkanrücken auf La Palma - damit eine der aktivsten vulkanischen Regionen der Erde. Aber keine Panik: “Glücklicherweise sind Ausbrüche auf ozeanischen Vulkaninseln nur geringfügig explosiv (gemeint ist: selten) und somit für die Bewohner kaum gefährlich”, erklärt Juan Carlos Carracedo. Der Vulkanologe des Spanischen Forschungsrats (CSIC) war damals Experte für die kanarischen Inseln und hat auch das Besucherzentrum Centro Visitantes de Los Volcánes nahe dem Ort Los Canarios, etwa 1 km oberhalb des Vulkans San Antonio (Bild 25) gestaltet. Erst rumpelte es wochenlang auf der Isla Bonita, und dann am 26. Oktober 1971 brach der Teneguía aus. Der Feuerspucker an der Südspitze der Kanareninsel La Palma feierte im Jahre 2021 seinen 50. Geburtstag. Seitdem verhält er sich ruhig.

 

Volcán de San Antonio, 1677

Sein Ur-Ur-Ur-Großvater, der Vulkan San Antonio, brach das letzte Mal im Jahre 1677 aus. San Antonio ist ein Vulkan des Typs Pyroklastischer Kegel. Er liegt 3,5 km nördlich der Südspitze und am Rande der Ortschaft Los Canarios, bis 1678 Fuencaliente benannt. Ursprünglich hieß er Volcán Fuencaliente. 1677/78 brach er am Tag des heiligen Antonius aus und wurde daraufhin entsprechend umbenannt. Er ist der zweitsüdlichste Vulkan der Insel. Nur einen Kilometer südlicher liegt der Teneguía. Er gehört ebenso zur etwa 14 km langen Vulkankette auf dem Bergrücken Cumbre Vieja, die bei der Verschiebung der vulkanischen Aktivität vom Norden der Insel in den Süden entstanden ist. Der Vulkan liegt auf einer Höhe von 632 m ü. NN. An seiner Basis besitzt er einen Außendurchmesser von ca. 1 km. Sein ziemlich runder Krater ist etwa 150 Meter tief, wenige Pinien krallen sich an den steilen Hängen fest. Datierungen von Gestein des Vulkans und von ihn umgebenen Lava-Flüssen anderer Vulkane nach der C14-Methode haben ergeben, dass der Vulkan mehr als 3000 Jahre alt ist. Der Krater ist nach dieser Datierung bei einer phreatomagmatischen Explosion vor ca. 3200 Jahren entstanden.

 

Der noch Namenlose, 2021

Fünf Tage bevor „Teneguía‘s Bruder“ im Gebirgszug der Cumbre Veija am 19. September 2021 plötzlich heftig aktiv wurde, hatten wir La Palma noch besucht, um in den Bergen Astrophotographien aufzunehmen. Der Mirador de Astronomico, ein kleines Plateau auf einem Lavafeld, lag nur 800 Meter von der neuen Ausbruchsstelle entfernt. Das Plateau wurde im Herbst 2021 meterhoch mit Asche bedeckt. Glück oder Pech? Als Naturliebhaber und Sternkieker tendiere ich zu letzterem! Denn die Insel La Palma ist geologisch gesehen jung, und erlebbar offensichtlich durch gigantischen Vulkanismus entstanden. Wie auch immer wir den Vulkan „live und in Farbe“ gesehen und erlebt hätten: Wir waren dem Himmel ganz nah… Neue Astro-Landschaftsfotografien vom Mai 2022 zeigen die Bilder 11 bis 20.

Die Regionalregierung von La Palma hat den Ausbruch Ende Dezember 2021 für beendet erklärt. Fast einhundert Tage lang spie der Vulkan etwas südlich der Städte Los Llanos und El Paso Feuer, Lava und Asche. Es war damit der längste Vulkanausbruch in der bekannten Geschichte La Palmas. Für die rund 85.000 Menschen die auf der Insel leben, ist das eine sehr gute Nachricht. Zerstörung, Leid und dicke Ascheschichten blieben zurück. Doch es gibt auch Hoffnung: Kleinpartikel (Asche) könnten zu Zement verarbeitet werden. Größere Partikel („Lapilli“, italienisch für Steinchen) sind für die Bauindustrie interessant, aber auch für die Landwirtschaft. Diese Industrie gibt es andernorts bereits. Normalerweise werden Lapilli von älteren Vulkanen abgebaut, erklären Vulkanologen. Nur dadurch ist es auf den Kanarischen Inseln überhaupt möglich, Wein und Gemüse ertragreich anzubauen. Auch grobes Lavagestein könne, wenn es zerkleinert wurde, zum Beispiel für die Errichtung oder Erneuerung zerstörter Straßen verwendet werden.

Über den von der Lava verschluckten Ort Todoque hinweg wird derzeit eine neue Straße gebaut. Das ist eine knifflige und mühsame Angelegenheit, denn an manchen Stellen herrschten über den Winter bis ins Frühjahr 2022 hinein noch Temperaturen von 500 Grad, erklärt der Inselbeauftragte für Infrastruktur, Borja Perdomo. Zahlreiche Häuser sind unter den heißen Gesteinsmassen begraben worden. Versicherte Eigentümer hatten Glück. Aber nicht alle Geschädigten hatten eine Versicherung, und die staatlichen Hilfen kamen nur schleppend an, wie es in unseren Nachrichten berichtet wurde. Im Westen der Insel ist Bauland nach dem Vulkanausbruch knapper und teurer geworden. Bewältigt ist die Katastrophe noch lange nicht. Auch der Aufbau der verloren gegangenen küstennahen Bananenplantagen wird noch viel Zeit und Arbeit in Anspruch nehmen.

 

Who’s Next

Eines ist sicher: Die Insel wird nicht zur Ruhe kommen, die Erde ist immer aktiv. Über lange Zeiträume hinweg ist es nur eine Frage von Zeit und Raum, wann und wo Lava und Asche an die Peripherie der Isla Bonita, die schöne Insel, wie La Palma auch gerne genannt wird, gelangen. Vulkane haben eine besondere Schönheit -in Zeit und Raum.