EKKEHARD GNADLER PHOTOGRAPHIEN |
Die Bildserie der „Goldenen Stadt“ an der Moldau entstand im Spätsommer 1990, aufgenommen bei Spaziergängen durch die Prager Altstadt und in den Vor-Orten, an den Peripherien. Nicht die üblichen Sehenswürdigkeiten standen im Fokus, sondern vielmehr die ungezählten Seitenstraßen und Gassen, der Alltag der Bewohner und das Leben der Bürger im Jahr Eins nach der sogenannten Samtenen Revolution, die friedvoll das Ende des sozialistischen Regimes in der damaligen Tschechoslowakei bedeutete. Einfache Straßenszenen, intuitiv aufgenommen.
Der Zufluchtsort von Flüchtlingen aus der DDR Ende 1989, die bundesdeutsche Prager Botschaft, war im Sommer 1990 bereits das Ziel von Touristen geworden. Das berühmte Goldene Gässchen, die Zlatá ulička, war am Tage überfüllt mit Besucherströmen. Ich habe dort deshalb kurz vor Sonnenaufgang fotografiert, und so wie es etwa Franz Kafka erlebt haben mag, als er 1916 im Haus Nr. 22 wohnte und sich seinen Werken widmete. Nur ein Straßenkehrer, der seine Arbeit tat, war da. Über Jahrhunderte hinweg war Prag eine multikulturelle Stadt, in der sich böhmische (tschechische), deutsche und jüdische Kultur begegneten und gegenseitig inspirierten.
Die Farbaufnahmen entstanden auf Kodachrome 64. Den schwarz-weiss-Film der tschechischen Marke FOMA habe ich damals stilgerecht in Prag entwickeln lassen, vierundzwanzig Jahre später gescannt und, ohne an Inhalt und Substanz zu verlieren, behutsam digital restauriert.